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  • AutorenbildStella*

geoPoem No. 27

Aktualisiert: 16. Okt. 2018

(Eine geopoetische Reise um den Bodensee im Sommer 2018)

bODEnsee

der Seein


Hingegossen liegst du

ruhst

in deiner Tiefe

glänzender Spiegel

zwischen 3er Herren Länder -

wem gehörst du? _


Deine Ufer sind besetzt

akkurat abgezirkelt dein Raum - dein Bett

sich dir zu nahen

erschwert

trennst du verbindest

übertrittst Ufer und Grenzen

schwankst

im Dazwischen _

auf deinem Grund

Licht

fließendes

vom großen Feuerball

doch du versteckst dich

hinter Schleiern von Grau

hüllst dich ein

in krauses Gewand

- wie tief kann man sinken? _


Bodenloses Sein

wabernd, fließend, fluid

- der Seele Nahrung -

wahrst du

deine Form gezwungenermaßen

ließe man dir

eine Wahl würdest du

dich erheben, ausufern, ausbreiten, überfluten, überspülen, benetzen, bewässern

nährend

was dich umgibt begrenzt du

würdest - ein wenig zumindest

wenn Sturm kommt

übertreten

klar

bist du

doch undurchsichtig

durchschaue ich dich

nicht völlig

still

scheinst du zu liegen

überraschst mit deinem Farbenspiel

zart horizontblau und herzensrosa fein

ein Hauch

vom ehernen Meer wie flüssiges

Glas erstarrend in Silber

dunkelzornig mal schwermütigblau _


Rings

steinerne Riesen gebannt

von deinen Wandlungen

schauen dir zu

können sich nicht satt sehen

in der kalten Zeit

sammeln sich

weiße Wasserkristalle

ohne zu fragen / zu klagen

nimmst du das Alles in dich auf

Jahr ein Jahr aus fließt

in dich ihr Sediment

- Milch der Berge -

Rhein

wäschst du dich

in dieser großen Mulde der Zeit

Rhein

fließt du

geklärt hinaus in die Weltweite _


Was wohl am Grund geschieht

ruhst du

bleiern

scheint deine Fülle

sich einzugraben unterspülend

umliegendes Land fließt

in dich hinein durch dich durch was stet starr unbeweglich neben dir

seltsame Symbiose

fest fließend

den ganzen Himmel

nimmst du auf in dich

endlos ewiglich weit

klar

um dich Ordnung

korrekt abgesteckt

verschleierst du

welches Geheimnis

gibt es

zu hüten

nachts

liegst du wie in einem goldenen Netz

gefangen, kostbarer Schatz

umwoben, umsponnen

je länger ich dich betrachte

um so rätselhafter wirst du mir _


Bis du verschwindest

in der Dunkelheit

über dir

der Abendstern

am Morgen als ich hinsah

schienst du

unsichtbar

mit dem Himmel eins geworden

die Drachin

in deinem Süden

öffnet der frühen Aurora sehr feurig

funkelndes Auge winzig

glüht es

scheint

über dich zu wachen

am Tage

bliebst du verschwunden

im hiesigen Diesigen

feine Tröpfchen webten

Tücher hängen

über deinem Ufer

schlief ich ein

deine stille tiefe Sanftmut Melancholie

zog mich

in unruhige Träume

morgens

als die Welt noch im satten Schlaf lag

von durchzechter Nacht....

ein weiser Baum

er schien

über deinem klaren Spiegel zu schweben

alt und hoch war sein Stamm

ich hätte ihn nicht umfassen können

aber die Krone

sah ich nicht

silbrig

weiß ragte er hoch empor in den Weiten

Himmel verlor sich

tief

quälend tief

drang dein stöhnendes Seufzen

Seein plötzlich

in meine wunde Seele ein

fand Widerhall

deine Wasser trank ich bin wie du

als ob wir

uns in unserer Tiefe ruhelos

umwälzten

was will da

herauf

in diesem Seufzen

eine Luftblase die nach oben perlt

rührt mich an

mitfühlend

verwundert frage ich was

trägt sie

wovon sie sich nicht befreien kann _


Vom Grunde her

erblaust du

dein Gewand leicht gekreppt glitzert

dem Tag entgegen

leicht

heiter scheinst du

trägst

weiße Segel stolz

kleine Eitelkeiten

du

ruhst, webst, schwebst, waberst, plätscherst, fließt, gurgelst, rauschst, wogst

braust auf, brandest an

all die strengen Ordnungen

von Zuchtbäumen in Reih und Glied

zum fruchten verdammt

umnebelt mit Lügengiften

wesenlos

entseelt

all das

spürst du es

fließt in dich ein

kein Regen

wäscht dich

Rhein _


Nymphen

goldgewandet

wie zu Säulen erstarrt

schimmern

aus der Unergründlichkeit herauf

spüre ich ihren klagenden Blick

eines Morgens

tauche ich ein

du trägst mich

umspülst mich

samtig weich

lasse ich mich

treiben möchte ich

stehen

auf dem Grund

deiner Geheimnisse

mich in dir einlösen, erlösen, auflösen

warm

wiegst du mich

lasse ich los

lasse dich

mich durchströmen

deine Kraft

mich durchfluten

vom Grund her

nährend

dein Wasser

vom Grund auf

spülst du tiefstes Verborgenes meiner Seele herauf

tragend

reinigend mich

klären

tut mir wohl

dankbar

wende ich mich

dir zu

liebkosend

mit meinem Blick

meine Finger spielen

gleiten

durch deine sanften Wellen _


Ach! Seein - rufe ich dir zu

im tiefsten Innern

habe ich vergessen

vermißt dich

du treue Anverwandte

nimmst nun mich in deinen Schoß

läßt mich

Sein _


Ich lausche

dem Wogen deines Wellenatems

mit stampfender Kraft pflügt‘s

zielgerichtet

von Ufer zu Ufer

dein schweres Wogen

anbranden

an‘s Gestaad tust du

runzelst das ganze Angesicht

durchfurcht _


Kreise

der Zeit greifen ineinander

in unendlich vielfältiger Wiederholung immer neue

zeigst du mir

worauf ich mich besinne

Ewigkeit,

Lebenszyklen, Schicksalsräder

wollte ich verlassen

fern schon

sah ich zurück

silbern

leuchtete dein Antlitz auf

zwischen dunklen Hügeln

bist du

nicht mehr jung

zu tief

hast du geschaut

blitzender Wellenkamm

gibst du mir Zeichen

rufst mich zurück

zu dir

klarer Silberspiegel

in dem du dich mir zeigst damit ich mich erkenne

wenn

der Himmel in dich sinkt

entschwindest du

löst dich auf in ihm

alle Wasser sind eins

alles Wissen ist eins

Eins ist Alles

Geist

du

bist geborgen _.


Sprechfassung f. Performance am 22.06.18_Lebensnetztreffen

© stella*loewenberg


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